Im heutigen Zeitalter der Industrie 4.0 spielt die industrielle Computersteuerung eine zentrale Rolle bei der Automatisierung und Optimierung von Produktionsprozessen.
Grundlagen der industriellen Computersteuerung
Die industrielle Computersteuerung umfasst alle computergestützten Systeme, die zur Überwachung, Steuerung und Optimierung von industriellen Prozessen eingesetzt werden. Diese Systeme reichen von einfachen speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) bis hin zu komplexen Distributed Control Systems (DCS).
Hauptkomponenten industrieller Steuerungssysteme
Komponente | Funktion | Beispiele |
---|---|---|
Steuereinheit | Zentrale Verarbeitung und Ausführung des Steuerprogramms | SPS, PAC, DCS |
Sensoren | Erfassung physikalischer Größen und Umwandlung in elektrische Signale | Temperaturfühler, Drucksensoren, Durchflussmesser |
Aktoren | Umwandlung elektrischer Signale in mechanische Bewegung oder andere physikalische Größen | Motoren, Ventile, Heizungen |
HMI (Human-Machine Interface) | Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine zur Überwachung und Bedienung | Touch-Panels, SCADA-Systeme, Industriemonitore |
Kommunikationssysteme | Datenübertragung zwischen den Komponenten | Feldbusse (PROFIBUS, PROFINET, EtherCAT) |
Software | Programme zur Steuerung und Visualisierung | STEP 7, TIA Portal, CODESYS |
Evolutionsstufen der industriellen Steuerungstechnik
Die Entwicklung der industriellen Computersteuerung hat mehrere Evolutionsstufen durchlaufen, von einfachen Relaissteuerungen bis hin zu komplexen, vernetzten Systemen im Kontext von Industrie 4.0.
Historische Entwicklung
In den 1960er Jahren wurden die ersten elektronischen Steuerungen entwickelt, die später von den speicherprogrammierbaren Steuerungen abgelöst wurden. Mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit von Computern und der Integration von Netzwerktechnologien hat sich die industrielle Steuerungstechnik kontinuierlich weiterentwickelt.
Generation | Zeitraum | Charakteristika | Technologien |
---|---|---|---|
Industrie 1.0 | 18.-19. Jahrhundert | Mechanisierung, Dampfkraft | Mechanische Steuerungen |
Industrie 2.0 | Ende 19. Jh. – Mitte 20. Jh. | Massenfertigung, Fließbänder | Relaissteuerungen, Festverkabelung |
Industrie 3.0 | 1970er – 2000er | Automatisierung, erste Computer | SPS, CNC, erste Netzwerke |
Industrie 4.0 | Ab 2010 | Digitalisierung, intelligente Vernetzung | Cyber-physische Systeme, Cloud-Computing, Big Data, IoT |
Industrie 5.0 | Ab 2020 | Mensch-Maschine-Kollaboration, Nachhaltigkeit | KI-basierte Systeme, kollaborative Roboter, nachhaltige Technologien |
SPS als Kern der industriellen Computersteuerung
Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) bildet nach wie vor das Rückgrat vieler industrieller Steuerungssysteme. Sie zeichnet sich durch ihre Robustheit, Zuverlässigkeit und Echtzeitfähigkeit aus.
Programmierung von SPS-Systemen
Die Programmierung einer SPS erfolgt typischerweise in einer der fünf nach IEC 61131-3 standardisierten Programmiersprachen:
- Anweisungsliste (AWL): Eine textbasierte Programmiersprache, ähnlich der Assemblersprache
- Kontaktplan (KOP): Eine grafische Programmiersprache, die an elektrische Schaltpläne erinnert
- Funktionsbausteinsprache (FBS): Eine grafische Programmiersprache, die mit Funktionsblöcken arbeitet
- Strukturierter Text (ST): Eine höhere Programmiersprache, ähnlich zu Pascal oder C
- Ablaufsprache (AS): Eine grafische Programmiersprache zur Darstellung sequentieller Abläufe
Hersteller | Produktlinie | Programmierumgebung | Besonderheiten |
---|---|---|---|
Siemens | SIMATIC S7 | TIA Portal, STEP 7 | Marktführer in Europa, umfassendes Ökosystem |
Rockwell Automation | Allen-Bradley ControlLogix | Studio 5000 | Starke Präsenz in Nordamerika, hohe Integration |
Mitsubishi Electric | MELSEC | GX Works | Verbreitet in Asien, kompakte Bauweise |
Schneider Electric | Modicon | EcoStruxure Control Expert | Fokus auf Energiemanagement |
ABB | AC500 | Automation Builder | Hohe Skalierbarkeit |
Beckhoff | TwinCAT | TwinCAT 3 | PC-basierte Steuerung, offene Architektur |
Phoenix Contact | PLCnext | PLCnext Engineer | Offene Plattform, Linux-basiert |
Industrielle Kommunikationssysteme
Ein wesentlicher Bestandteil moderner industrieller Computersteuerungen sind die Kommunikationssysteme, die den Datenaustausch zwischen verschiedenen Komponenten ermöglichen. Hier haben sich verschiedene Feldbusse und Industrial-Ethernet-Protokolle etabliert.
Feldbusse und Industrial Ethernet
Die Kommunikation in industriellen Umgebungen stellt besondere Anforderungen an die Übertragungssysteme. Echtzeitfähigkeit, Determinismus und Robustheit gegen elektromagnetische Störungen sind nur einige der wichtigen Eigenschaften.
Besonders verbreitet sind:
- PROFIBUS: Ein offener Feldbus-Standard, der in den 1980er Jahren entwickelt wurde
- PROFINET: Die Ethernet-basierte Weiterentwicklung von PROFIBUS
- EtherCAT: Ein von Beckhoff entwickeltes Echtzeit-Ethernet-Protokoll
- Modbus: Ein einfaches, offenes Kommunikationsprotokoll mit weiter Verbreitung
- OPC UA: Ein herstellerunabhängiger Standard für den Datenaustausch
Industrie 4.0 und die Zukunft der industriellen Computersteuerung
Mit dem Aufkommen von Industrie 4.0 verschmelzen die physische und digitale Welt zunehmend. Cyber-physische Systeme, das Internet der Dinge (IoT) und Cloud-Computing revolutionieren die industrielle Steuerungstechnik.
Digitale Zwillinge und prädiktive Wartung
Ein wichtiger Aspekt von Industrie 4.0 ist die Erstellung digitaler Zwillinge – virtueller Abbilder physischer Anlagen oder Prozesse. Diese ermöglichen Simulationen, virtuelle Inbetriebnahmen und prädiktive Wartung.
Die prädiktive Wartung nutzt Datenanalysen und maschinelles Lernen, um potenzielle Ausfälle vorherzusagen und Wartungsarbeiten proaktiv zu planen, bevor es zu Produktionsausfällen kommt.
Sicherheitsaspekte in der industriellen Computersteuerung
Mit zunehmender Vernetzung industrieller Steuerungssysteme gewinnt das Thema Cybersecurity an Bedeutung. Industrielle Steuerungssysteme waren traditionell nicht für die Anbindung an externe Netzwerke konzipiert, was besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich macht.
Defence in Depth
Ein bewährter Ansatz ist die “Defence in Depth”-Strategie, bei der mehrere Sicherheitsebenen implementiert werden:
- Physische Sicherheit der Anlagen
- Netzwerksegmentierung und Firewalls
- Zugriffskontrollen und Benutzerauthentifizierung
- Härtung der Steuerungskomponenten
- Regelmäßige Sicherheitsupdates
- Kontinuierliches Monitoring und Anomalieerkennung
Fazit und Ausblick
Die industrielle Computersteuerung hat sich von einfachen elektromechanischen Systemen zu hochkomplexen, vernetzten Steuerungsinfrastrukturen entwickelt. Mit Industrie 4.0 und dem Trend zur Industrie 5.0 wird die Integration von KI-Technologien, die Mensch-Maschine-Kollaboration und die Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Unternehmen, die in diesem Bereich erfolgreich sein wollen, müssen nicht nur die technologischen Entwicklungen im Auge behalten, sondern auch ihre Mitarbeiter entsprechend qualifizieren und eine Kultur der kontinuierlichen Innovation fördern.
Die industrielle Computersteuerung bleibt ein dynamisches Feld mit enormem Potenzial für Effizienzsteigerungen, Qualitätsverbesserungen und neue Geschäftsmodelle.